Heute morgen zeigt sich das Wetter wieder von seiner Postkartenseite. Ausgerechnet heute können wir nicht gleich losmarschieren, sondern müssen erst noch zu unserem Herrn Doktor Bundi. Gott sei Dank haben wir einen Termin schon um 07:30 bekommen. Herr Dr. Bundi schmunzelt. Erst recht, als er erfährt, dass wir schon wieder wegen eines Knies da sind, nun aber wegen meinem. Der Beschluss ist schnell gefasst. Die Zecke sitzt tief, die müssen wir rausholen. Hierfür muss das Knie lokal anästhesiert werden. d.h. es gibt (wieder mal) eine Spritze ... ins Knie. Nicole wird bleich, wendet sich vom Geschehnis ab bzw., setzt sich schon mal ausser Sichtweite, oder ev. auch Reichweite. Weiss Gott auf was für Ideen der Doktor sonst noch kommt. Die Betäubungsspritze ist gesetzt, Nicole sitzt noch, es kann los gehen. Nach einigen Versuchen, die im wahrsten Sinn des Wortes starrköpfige Zecke mit üblichem Folterwerkzeug (Pinzetten) aus meinem Knie zu entfernen, lässt Dr. Bundi „Plan B“ verlauten : „jetz muas i doch no a Skalpell neh“. Nicole, nach einem geschockten Blickwechsel mit mir, beginnt vorsorglich schon mal zu Pusten, versucht sich auf irgendwelche Utensilien im Behandlungszimmer zu konzentrieren. Angesichts des Skalpells schwingt die Zecke die weisse Fahne und gibt auf. Nicole auch. „Wenn hend si dia letscht Staarkrampf-Impfig kriagt?“ fragt mich Dr. Bundi. Nun, das müsste so in meiner Militärzeit gewesen sein und die ist schon sehr lange vorbei. Also ist noch eine Starrkrampfspritze angesagt. Nicole, bereits mit Schlagseite im Stuhl hängend, pustet wieder, so gut wie es noch geht. Mit der Empfehlung, die beiden Zeckenstiche im Auge zu behalten, machen wir uns endlich auf den Weg.

Heute wollen wir den Flimserstein (2637 m.ü.M.) erklimmen. Wir starten oberhalp Foppa (1417 m.ü.M.) und entdecken eine Route, die von der üblichen, gängigen Route abweicht und beinahe in direkter Luftlinie auf den Flimserstein führt. Unser Ehrgeiz erlaubt uns hier natürlich keine Wahl. Wir müssen die steile Variante gehen. Der Weg erweist sich zunehmend als sehr sehr steil, aber unbeschreiblich schön.

Oben angekommen beschliessen wir, unser Picknick weit ab von der Bergstation der Gondel zu geniessen. Wer die von uns gewählte Route hier herauf wählt, der mag sich kaum in den Tumult all der Gondelfahrer setzen, die bei Kaffee und Kuchen sich ihrer „Leistung“ erfreuen. So gehen wir noch weiter hoch, einen Schwindel erregenden Grat hinauf , wo wir ein Plätzchen finden mit traumhafter Aussicht bis weit in die Alpen. Hier oben, erst recht nach dieser Leistung, erscheint es uns, als schmeckt Hirschwurst, Brot, Käse und Wein gleich nochmals so gut. Anschliessend wechseln wir auf die Seite der Bergstation und versuchen, ein paar „touristenfreie“ Fotos zu schiessen.

Mein Zeckenstich am Oberarm hat sich derweil entzündet. So besuchen wir gegen Abend (zur Abwechslung) unseren Herr Dr. Bundi. Dort gibt es zwar mal keine Spritze, dafür aber eine Ladung Antibiotika.

Am Abend setzen wir uns mit roten Köpfen für einen gemütlichen Apéro vor das Haus, um noch ein wenig von dem wunderbaren, erlebnisreichen Tag zu zerren.